Meine Kunden bezeichnen mich als Lotsen
– wie ist das zu verstehen?
Ein Lotse ist in der Schifffahrt ein erfahrener Kapitän mit vielen Jahren praktischer Erfahrung, der Gewässer und Gefahren kennt und für eine sichere Passage sorgt – als Berater des verantwortlichen Schiffsführers.
Dieses Bild vom „Lotsen“ halte ich für sehr treffend. Die unternehmerische Nachfolge zu regeln ist wohl unbestreitbar immer eine Sondersituation und das erstmalige Befahren eines gänzlich unbekannten Gewässers. Da ist es mehr als nur hilfreich, vorübergehend jemanden an Bord zu haben, der sich auskennt. Eine besonders gewissenhafte Art Verantwortung wahrzunehmen ist es, die Navigation durch solche schwierigen Passagen zu delegieren.
Situationen, die nur ein Mal im Leben vorkommen, sind besonders fordernd.
Für die Nachfolge im unternehmerischen Leben gilt das umso mehr.
- Die Nachfolge muss sitzen, ohne Probe und Erfahrung. Ein Fehlversuch verursacht materielle und immaterielle Kollateralschäden.
- Die Nachfolge beschließt eine komplette Lebensphase mit außerordentlicher Prägung – vielleicht Dominanz – des Alltags über viele Jahre und mit Einfluss in nahezu jeden Bereich des Lebens. Die Firma ist fast immer Motor und Antrieb.
- Die Nachfolge verlangt vollkommen ungewohnte Entscheidungen, deren Konsequenzen eine große Reichweite haben – in der Familie, im Umfeld, im Unternehmen, in der Belegschaft.
- Die Nachfolge bindet Energie für eine Vielzahl von Aspekten, die zu bedenken, vorzubereiten, auf den Punkt zu bringen und in ihren Konsequenzen abzuwägen und zu besprechen sind.
- Die Nachfolge ist ein hoch emotionales Manöver, manches Mal, wie Böen im Sturm auf dem Wasser, in ihrer Heftigkeit überraschend. Insbesondere im familiären Kontext – Kinder als Nachfolger:innen – gilt es, Untiefen frühzeitig zu wahrzunehmen und den Kurs zu hinterfragen.
- Und manches Mal führt sie zu der Erkenntnis, dass man am Unternehmen selbst Einiges verändern muss, um es überhaupt oder zumindest besser in einen übergabereifen Zustand zu versetzen.
Können Unternehmer:innen selbst in dieser Sondersituation „unbefangen“ – also sachbezogen, neutral, mit Distanz und Blick von außen – vorgehen und entscheiden? Können sie selbst die beste Expertise für die unternehmerische Nachfolge einbringen? Denn es geht um nichts weniger als ihre Lebensleistung.
Es wird einen Grund haben, dass Kunden das Bild vom „Lotsen“ von mir zeichnen. Und jeder Lotse freut sich, wenn er nicht erst auf der letzten Meile an Bord geholt wird.
